Gesellschafter einer GmbH haben regelmäßig den Wunsch, von den Beteiligungsquoten abweichende Gewinnausschüttungen zu vereinbaren. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn es darum geht, individuelle Gesellschafterbeiträge angemessen zu honorieren. Dazu gibt es nun eine geänderte Verwaltungsauffassung.
Inkongruente Gewinnausschüttungen liegen dann vor, wenn die Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht entsprechend deren Kapitalanteil erfolgen. In der Regel werden Gewinne im Verhältnis zur Kapitalbeteiligung ausgeschüttet – ein Gesellschafter, der beispielsweise 25 % des Kapitals hält, erhält demnach auch 25 % des ausgeschütteten Gewinns. Bei inkongruenten Ausschüttungen wird dieses Prinzip jedoch bewusst umgangen, um individuelle Vereinbarungen oder steuerliche Vorteile für die Gesellschafter umzusetzen. Inkongruente Gewinnausschüttungen sind grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind. Unabhängig von der ertragsteuerlichen Anerkennung sollte aus schenkungsteuerlichen Gründen stets eine Einzelfallbetrachtung erfolgen.
Nach der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung war eine vom Anteil am Grund- oder Stammkapital abweichende Gewinnverteilung bei einer GmbH nur dann zivilrechtlich wirksam, wenn im Gesellschaftsvertrag ein anderer Verteilungsmaßstab festgesetzt wurde oder die Satzung eine sog. Öffnungsklausel enthielt, nach der alljährlich einstimmig über eine abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann. Entgegen dieser Auffassung der Finanzverwaltung entschied der BFH mit Urteil vom 28.09.2022 (Az. VIII R 20/20), dass auch ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung einer GmbH, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung zugrunde zu legen ist.
Die Finanzverwaltung hat sich der Auffassung des BFH mit Schreiben vom 04.09.2024 angeschlossen und erkennt nun bei einer GmbH auch einen punktuell satzungsdurchbrechenden Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung, der von der Gesellschafterversammlung mit den Stimmen aller Gesellschafter gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, als zivilrechtlich wirksamen Ausschüttungsbeschluss an.
Diese dargestellten Grundsätze gelten allerdings nur bei einer GmbH. Bei Aktiengesellschaften hält die Finanzverwaltung an der bisherigen Auffassung fest, dass inkongruente Gewinnausschüttungen nur dann steuerlich anzuerkennen sind, wenn in der Satzung ein vom Verhältnis der Anteile am Grundkapital abweichender Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt wurde und die Ausschüttung diesem Verhältnis entspricht. Eine Öffnungsklausel oder ein satzungsdurchbrechender Beschluss erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
Im Übrigen hat die Finanzverwaltung auch zu zeitlich inkongruenten Gewinnausschüttungen Stellung genommen. Demnach ist ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet wird, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, auch dann steuerlich anzuerkennen, wenn zugleich die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden. Die Einstellung des Gewinnanteils in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage führt in diesem Fall nicht zum Zufluss von Kapitalerträgen.
Durch die Klarstellung wurde die bisherige Rechtsunsicherheit aufgrund der abweichenden Auffassung der Finanzverwaltung beseitigt. Die Anerkennung von inkongruenten Gewinnausschüttungen durch einen satzungsdurchbrechenden Beschluss bei GmbHs sowie zeitlich inkongruenten Gewinnausschüttungen bieten neue Gestaltungsansätze. Wir beraten Sie hierzu gerne.
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